Kriminalisierung – Solidarität und Revolutionärer Antifaschismus heute
11. September 2024Zu guter Letzt noch ein paar knappe Antworten auf Fragen, die die Essenz dieses Blattes aus revolutionär antifaschistischer Sicht noch einmal auf den Punkt bringen sollen. Einige konkrete Fragen richteten wir dazu an die organisierte autonomie (OA), auf die Thomas und Sonja, Mitglieder der Nürnberger Ortsgruppe, hier in der vom Platz gebotenen Kürze, antworten.
Frage: Wie können wir uns gegen die zunehmende Kriminalisierung von Antifaschismus in der BRD zur Wehr setzen?
Sonja: Für alle Antifaschist*innen gilt, wir müssen zusammenrücken, Solidarität mit allen von staatlicher Kriminalisierung Betroffenen und eine gemeinsame stetige Antrepressionsarbeit, über Fraktionsgrenzen hinweg. Das ist die Grundlage erfolgreicher Abwehr von zunehmender staatlicher Repression gegen Antifas und Linke. Die Repression ist nichts statisches wir sind überzeugt, dass eine starke Solidaritätsarbeit etwas für die Genoss*innen in den Knästen verändern kann. Zuallererst, dass den Genoss*innen der Rücken gestärkt wird und sie wissen, dass sie nicht alleine sind. Andererseits, dass sich z.B. die Haftbedingungen verbessern oder, dass Öffentlichkeit und gesellschaftlicher Druck auch potentiell eine Abschiebung nach Ungarn verhindern kann, wie es in Italien schon gelungen ist.
Frage: Die Auslieferung betreffend herrscht in der Solidaritätsarbeit ja Einigkeit. Andererseits hört man auf den Kundgebungen für Hanna aber immer mal wieder auch Beiträge, die statt der Auslieferung ans autoritäre Ungarn, ein rechtsstaatliches Verfahren in der BRD fordern und für an Auseinandersetzungen beteiligte „schuldige“ Antifaschist*innen, eine Bestrafung vor Ort. Wie seht ihr das, die ihr ja die Freiheit aller Betroffenen fordert?
Thomas: Das verhindern der Auslieferung ans autoritäre Ungarn kann für uns nur ein erster Schritt sein. Wir fordern darüber hinaus die Einstellung der Verfolgung aller Verfahren und die Freiheit für alle im Budapest Komplex kriminalisierten Antifas. Nicht jene Antifaschist*innen, die sich in einem autoritärem System gegen Naziaufmärsche engagieren, gehören auf eine Anklagebank, sondern jene Nazis, die für viele rassistische und politische Morde in Europa verantwortlich sind. Dass weder in einer der bürgerlichen Parteien, den bürgerlichen Medien, noch in Polizei und Justiz der BRD ein solcher Gedanke auch nur aufkommt, geschweige den Ermittlungen gegen die beteiligten Nazis und ihre staatlichen Förderer eingeleitet werden, wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der bürgerlichen Demokratie und die Klassenjustiz in diesem Land und der EU. Das stattdessen Antifaschist*innen verfolgt werden, rundet den reaktionären Eindruck ab.
Frage: In diesem Blatt, wird ja immer wieder darauf hingewiesen, dass Vertrauen in den staatlichen Antifaschismus in keiner Weise gerechtfertigt ist. Ganz im Gegenteil, wird dem Kapitalismus und der reaktionären, neoliberalen bürgerlichen Politik die Verantwortung für den Aufschwung faschistischer Kräfte zugewiesen. Was heißt das für euch als Antifaschist*innen in diesem Land konkret?
Thomas: Vertrauen zum Staat haben wir nicht. Antifaschismus ist autonom, rot und wir delegieren ihn nicht! Diese Parole bringt ganz gut auf den Punkt, welche Schlussfolgerungen wir aufgrund unserer Analyse der Verhältnisse im Kapitalismus und deren Auswirkungen auf die Entstehung und Entwicklung faschistischer Kräfte ziehen. Sie zeigt, was wir von der reaktionären Positionierung bürgerlicher Parteien, wie staatlicher Institutionen, vom reaktionären Umbau des Staates und seiner Organe und vom Umgang staatlicher Apparate mit den Nazis und Faschisten halten.
Wir gehen deshalb davon aus, dass sich ernstzunehmender Antifaschismus in der BRD organisatorisch und finanziell unabhängig von den bürgerlichen Parteien und Institutionen aufstellen muss. Wir brauchen Strukturen, die sich unabhängig von den Interessen von Banken und Konzernen, unabhängig von bürgerlicher Politik, der Wiederkehr des Faschismus widersetzen. Der Faschismus hier in diesem Land muss heute mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden und das geht nur, wenn man sich auch den Verhältnissen widersetzt, welche ihn hervorbringen, also kurz gesagt: Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll vom Faschismus schweigen! Das heißt auch, dass wir uns im antifaschistischen Kampf auch immer für die Interessen der lohnabhängigen Klasse einsetzen.